Ich finde es immer wieder interessant zu hören, wie andere Schachspieler mit dem Schach angefangen haben und wie sich Schach durch deren Leben zieht. Aus diesem Grund erzähle ich an dieser Stelle einmal meine persönliche Schachgeschichte.
Inhaltsverzeichnis
Bei Oma und Opa fing alles an
Als Schulkind war ich häufig zu Besuch bei Oma und Opa. Beide waren zur damaligen Zeit schon Rentner und hatten entsprechend viel Zeit. Dort spielten wir immer allerhand Brettspiele, zum Beispiel Monopoly, Spiel des Lebens, Memory aber auch Spiele aus der großen Spielesammlung, wie Mensch ärgere dich nicht, Mühle, Halma und so weiter.
Im Wohnzimmer meiner Großeltern stand neben der Couch aber auch ein eigener Schachtisch, an dem sich mein Opa immer wichtig zu schaffen machte und alleine diverse Positionen analysierte. Irgendwann begann ich mich für dieses Schachspiel zu interessieren und fragte meinen Opa, ob er mir Schach beibringen könne.
Dieser Vorschlag stieß allerdings zunächst auf taube Ohren. Schach wäre etwas für Erwachsene und nichts für Kinder, so mein Opa. Dass Schach für Kinder heutzutage einen ganz anderen Stellenwert hat als früher, konnte mein Opa damals natürlich noch nicht ahnen.
Nun gut, das musste ich für den Moment akzeptieren. Allerdings nervte ich meinen Opa dann wohl so oft, dass er sich irgendwann meiner erbarmte und mir beibrachte, wie die Schachfiguren zu ziehen haben. Ein echtes Spiel konnte so natürlich noch nicht zustande kommen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte mich der Schachvirus bereits infiziert.
Mein erstes Schachspiel
Zuhause wünschte ich mir sofort ein Schachspiel von meinen Eltern, was ich in Form einer günstigen Schach-Kassette aus Holz auch bekam. Dieses Schachspiel habe ich übrigens heute noch. Ich beschäftigte mich also weiter mit dem Thema Schach, hatte aber zu diesem Zeitpunkt noch keine Spielpartner.Die folgende Schach-Kassette aus Holz kommt meinem ersten Schachspiel sehr nahe:
Mein erster Schachcomputer
Und weil das so war, bekam ich irgendwann zu Weihnachten meinen ersten Schachcomputer. Dieser Schachcomputer kam in Form eines wirklich kleinen Schachbretts aus Kunststoff daher und war wirklich nicht besonders komfortabel. So weit ich mich erinnern kann, stammte dieser Schachcomputer von von einer Kaffeerösterei, die damals schon allerlei andere Dinge im Angebot hatte. Aber so ganz genau weiß ich das nicht mehr.
Auf jeden Fall konnte ich nun endlich Schach gegen einen Gegner spielen, auch wenn dieser Gegner nur ein kleiner Computer war. Dieser Schachcomputer sorgte jedoch dafür, dass ich immer besser wurde. Ich kann mich zwar nicht mehr erinnern wie lange es dauerte, aber ich weiß noch, dass ich irgendwann dazu in der Lage war, diesen Schachcomputer zu besiegen.
Dazu muss ich natürlich sagen, dass dieser Computer mit Sicherheit nicht besonders stark war. Eine ELO Zahl dazu weiß ich nicht, damals kannte ich diesen Begriff noch gar nicht.
Die ersten Gegner sind gefunden
Parallel dazu stellte sich heraus, dass der Mann von Bekannten aus unserem Haus auch gerne Schach spielte. Also hielt ich mich immer häufiger in der Erdgeschosswohnung dieser Nachbarn auf und spielte dort Schach.
Irgendwann schlug der Nachbar vor, dass wir zusätzlich auch noch Fernschach spielen könnten. Und so kam es, dass ich nach der Schule in unserem Briefkasten einen kleinen Zettel vorfand, auf dem mir der Nachbar seinen Zug notierte. Ich hatte dann den ganzen Nachmittag Zeit zu überlegen, wie ich ihm entgegne. Meine Antwort schrieb ich dann auch auf einen Zettel und warf ihm meinen Zug Morgens in den Briefkasten, wenn ich mich auf den Schulweg machte.
Schach im Kaufhaus
Irgendwann zu dieser Zeit nahm Schach immer mehr Zeit in meine Leben in Anspruch. Ich kann mich noch daran erinnern, dass das große Kaufhaus Hertie in seiner Spielwarenabteilung einen ziemlich großen Stand einrichtete, an dem einige der damals aufkommenden Schachcomputer ausgestellt wurden. Hauptsächlich Mephisto Schachcomputer waren dort zu finden.
Dieser Stand hatte die Form eine Quadrats und an jeder Seite waren einige dieser Schachcomputer installiert, an denen man spielen konnte. Dieser Stand war für mich nach der Schule häufig die erste Anlaufstelle und ich probierte mich ein wenig an den Schachcomputern aus.
Schach in der Bibliothek
Zusätzlich verbrachte ich immer häufiger Zeit in der großen Zentralbibliothek, in der sich mehrere Schachtische befanden. Um dort Schach zu spielen, musste man sich an der Bücherausgabe nur noch die passenden Schachfiguren ausleihen und schon konnte es losgehen. Im großen und ganzen hielten sich an den dortigen Schachtischen immer die gleichen Männer auf, die allesamt deutlich älter waren als ich.
Wenn ich dort nicht selber spielte, was auch oft vorkam, wenn alle Tische bereits belegt waren, dann schaute ich doch immerhin den anderen Spielern zu.
Schach bestimmte in dieser Zeit tatsächlich ein Großteil meines Lebens. Ich las einige Schachbücher und hatte sogar Spaß daran, mir eine Krawatte umzubinden, um ein wenig so auszusehen, wie die alten Schachmeister aus den Büchern.
Mein erstes und letztes Schachturnier
Eines Tages erzählte mir mein Vater von einem Bekannten, der bei einem lokalen Radiosender arbeitete und in einer Kneipe ein Schachturnier organisierte. Er fragte mich, ob ich an diesem Turnier teilnehmen wolle. Obwohl ich keinerlei Erfahrungen in Sachen Schachturnieren hatte, willigte ich ein und begann mich ein wenig auf dieses Turnier vorzubereiten.
Es war völlig unklar, wer an diesem Turnier teilnehmen würde und wie die Spielstärke der Spieler sein würde. Der Austragungsort war eine eher düstere Kneipe, in der auf jedem Tisch jeweils ein Schachbrett mit Schachuhr aufgestellt war.
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich sehr nervös war. Aber entgegen meiner schlimmsten Befürchtungen lief es gar nicht schlecht für mich und schlussendlich schaffte ich es den zweiten Platz zu erreichen. Als Belohnung für diesen zweiten Platz durfte ich mir einigen Maxi-Singles und einige Langspielplatten aussuchen, die der Bekannte meines Vaters aus dem Radiosender als Preise zur Verfügung stellte. Immerhin.
Eine sehr lange Pause vom Schach
Und dann kam bei mir irgendwann die Zeit, in der andere Dinge wichtiger wurden und Schach völlig in den Hintergrund rückte. Musik, Party und Diskos waren angesagt. Schach geriet vollkommen in Vergessenheit.
Das Schachfieber wird neu entfacht
Jahrzehnte ohne Schach waren vergangen, als ich irgendwann durch Zufall wieder auf das Thema aufmerksam wurde. Ich las in der Presse von der anstehenden Schachweltmeisterschaft, in der ein junger und gut aussehender Norweger versuchen wollte, den amtierenden Schachweltmeister Vishy Anand zu Fall zu bringen.
Dieser Magnus Carlsen faszinierte mich sofort, als ich das erste mal Bilder von ihm sah. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass solch ein ziemlich cooler und junger Typ Schachweltmeister werden können soll.
Da wir uns nun im Zeitalter des Internets befanden und diese Schachweltmeisterschaft komplett live im Netz übertragen wurde, verfolgte ich das Turnier sehr intensiv. Für mich, der völlig aus dem Thema Schach draußen war, eröffnete sich plötzlich eine ganz neue Welt mit ganz neuen Protagonisten und ganz neuen Möglichkeiten. Konnte es tatsächlich sein, dass Schach durch Magnus Carlsen plötzlich cool geworden war? Ich fand schon.
Plötzlich hatte mich die Schachwelt wieder und ich tauchte immer tiefer in die Materie ein und lernte die neue Generation von Schachspielern kennen. Auch die neuen Möglichkeiten auf unterschiedlichsten Schachservern kostenlos Schach spielen zu können faszinierte mich und ich begann wieder neu mich für dieses wunderbare Spiel und die angeschlossene Szene zu interessieren.
Aber ganz besonders faszinierte mich tatsächlich Magnus Carlsen als Schachspieler und als Typ. Ich wurde Magnus Carlsen Fan.
Heute verfolge ich nach Möglichkeit alle Schachturniere mit Magnus Carlsen Beteiligung live und spiele gelegentlich auf verschiedenen Schachservern. Ich schaue jede Menge Schachvideos bei YouTube und verfolge die Schach-News intensiv. Man könnte sagen, dass ich mich in der Schachszene mittlerweile recht gut auskenne, sogar abseits vom Brett.
Fazit
Nach jugendlicher Euphorie habe ich das Thema Schach plötzlich komplett aufgegeben und bin dann erst wieder sehr viel später neu eingestiegen. Heute ärgert es mich schon ein wenig, dass ich damals nicht am Ball geblieben bin. Auch ärgert es mich, dass ich mich nie einem Schachverein angeschlossen habe. Hätte ich das bereits als Jugendlicher getan, wäre die Chance doch erheblich größer gewesen, dass ich mich weiter mit Schach beschäftigt hätte.
Trotzdem ist es nie zu spät mit Schach anzufangen, oder wie in meinem Fall, wieder neu anzufangen. Schach ist ganz einfach ein wunderbares Spiel, das eine Menge Spaß macht. Neben dem eigentlichen Spielen interessiert mich heute auch in hohem Maße die Schachszene, mit ihren Spielern und Turnieren.
Viele Leute schauen mich verstört an, wenn ich ihnen erzähle, dass ich gerne Schachturniere schaue. Sie stellen sich das total langweilig vor. Natürlich sehe ich das anders, sonst würde ich sie nicht verfolgen.
Oft bekomme ich dann zu hören, dass man beim Schauen von Schachspielen und Turnieren doch bestimmt eine Menge lernen könne und ein besserer Schachspieler werden würde. Leider ist das bei mir nicht der Fall. Ich frage dann oft zurück, ob sie bessere Fußballspieler werden, wenn sie sich ein Fußballspiel anschauen. Die Antwort ist klar.
Es wäre ja auch zu schön, wenn man durch Fernsehen auf der Couch ein besserer Sportler werden würde. Aber natürlich ist das nicht so. Weder beim Fußball noch beim Schach. Besser wird man nur durch Praxis und durch Training. In beiden Fällen ist das mit harter Arbeit und viel Disziplin verbunden.
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